Systemisches Denken
„Systemisches Denken“ umfasst heterogene Denkansätze aus verschiedenen Disziplinen, deren Gemeinsamkeit der nicht-reduktionistische Umgang mit Komplexität ist. Dazu gehören u. a.:
- Allgemeine Systemtheorie
- Autopoiesetheorie
- Kybernetik (2. Ordnung)
- Synergetik
- Kommunikationstheorie
- Konstruktivismus
- sozialer Konstruktionismus
- Theorie dynamischer Systeme mit den zentralen Begriffen Selbstreferentialität und Selbstorganisation
- Chaostheorie
Vor diesem Denkhintergrund werden Menschen als autonom und prinzipiell unverfügbar, in sozialen Interaktionen als grundsätzlich füreinander undurchschaubar betrachtet. Mithin werden sie als weder vollständig erfassbar, noch beliebig veränderbar bzw. instruierbar verstanden. Konzepte nichtlinearer, rekursiver Vernetzung und multifaktorielle Zusammenhänge ergänzen lineares Kausalitätsdenken.
Die „objektive“ Realität wird als eine konsensuelle Konstruktion betrachtet. Objektivität als Kriterium „guten“ Wissens entfällt; an ihre Stelle treten Viabilität, Nützlichkeit und kommunikative Brauchbarkeit.
Systemtherapeutisches Denken geht von der Autonomie der Hilfesuchenden aus und betrachtet diese als „Expert*innen ihrer Selbst“. Unter Verzicht auf normative Zielsetzung und Pathologisierung knüpft systemische Praxis an die Ressourcen der Beteiligten an und versucht, mittels öffnendem Dialog, deren Beschreibungs-, Erklärungs-, Bewertungs- und Verhaltensmöglichkeiten zu erweitern.
Den Klient*innen gegenüber nehmen Systemiker*innen eine kooperationsfördernde Haltung ein, die durch Respekt, Unvoreingenommenheit, Interesse und Wertschätzung bisheriger Lebensstrategien gekennzeichnet ist. Dabei ist der jeweilige Einsatz von Arbeitsmitteln (Techniken) und Handlungsstrategien (Methoden) wie z. B. zirkuläres Fragen, Einsatz von Beobachterteams, Ritualen, Metaphern, Verschreibungen, Arbeit mit Familienskulpturen in all ihren Formen etc. optional und nachgeordnet.
Systemische Therapie versteht sich als eigenständiges psychotherapeutisches Verfahren und ist der Oberbegriff für eine Vielzahl von Modellen, die sich aus Paar- und Familientherapien und aus verschiedenen einzeltherapeutischen Ansätzen heraus entwickelt haben. Sie findet Anwendung in der Arbeit mit Einzelnen, Paaren, Familien, Gruppen und als systemische Beratung in Institutionen sowohl im klinischen Bereich als auch in anderen professionellen Bereichen der Beratung, Supervision, Fort- und Weiterbildung sowie der Organisationsentwicklung und -beratung.